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Das Arbeitsrecht der Kirchen und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen

Für kirchliche Einrichtungen bzw. ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Schulen, Kindergärten) – auch in der Rechtsform einer gGmbH- existieren vielfältige arbeitsrechtliche Besonderheiten. Diese Besonderheiten des Arbeitsrechts betreffen sowohl das individuale Arbeitsrecht als auch das kollektive Arbeitsrecht:

In Arbeitsverträgen mit kirchlichen Trägern wird meist auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen der Kirchen Bezug genommen. Für den katholischen Bereich sind das regelmäßig die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas). Im Bereich der evangelischen Kirche sind das die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Deutschland (AVR Diakonisches Werk).

Das Arbeitsrecht der Kirchen hat einen speziellen historischen Hintergrund. Die Kirchen sind zwar grundsätzlich dem staatlichen Recht unterworfen, sie nehmen aber gleichwohl eine Sonderstellung ein. Diese Sonderstellung ist verfassungsrechtlich durch Art. 140 Grundgesetz (GG) i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung (WRV) garantiert. Man spricht hier von einem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht. Diese Besonderheit kommt insbesondere bei der sehr weit gehenden Loyalitätsverpflichtung kirchlicher Mitarbeiter zum Ausdruck.

Die Arbeitsvertragsrichtlinien werden in paritätisch besetzten Arbeitsrechtskommissionen verabschiedet. Sie haben im Gegensatz zu Tarifverträgen keine „normative“ Wirkung. Sie geltend daher im einzelnen Arbeitsverhältnis nur dann, wenn deren Geltung durch einzelvertragliche Bezugnahme im Arbeitsvertrag vereinbart wird.

Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bedeutet jedoch nicht, dass das staatliche Kündigungsschutzrecht nicht zur Anwendung käme. Insbesondere ist auch in kirchlichen Arbeitsverhältnissen und in den Arbeitsverhältnissen mit den karitativen und erzieherischen Einrichtungen der Kirchen (z. B. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Schulen, Kindergärten) das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anzuwenden. Allerdings muss im Rahmen des Kündigungsschutzrechts immer auch eine Güterabwägung zwischen der Kirchenautonomie und dem staatlichen Kündigungsschutz stattfinden. Damit muss von dem staatlichen Gericht (Arbeitsgericht) dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beigemessen werden. Rechtlich gesehen darf es jedoch wiederum nicht zu einem „Sonderkündigungsrecht“ der Kirchen kommen. Es dürfen beispielsweise im Kündigungsschutzrecht die allgemeinen Grundsätze einer verhaltens- oder personenbedingten Kündigung immer nur kirchenspezifisch ergänzt werden. Richtigerweise müssen jedoch bei nicht-kirchenspezifischen Gründen wie bei betriebsbedingen Kündigungsgründen selbstverständlich die allgemeinen Grundsätze des Kündigungsrechts zur Geltung kommen.

Für Streitigkeiten aus dem Individualarbeitsrecht zwischen kirchlichen Einrichtungen bzw. ihren karitativen und erzieherischen Einrichtungen und ihren Arbeitnehmern sind ausschließlich die staatlichen Arbeitsgerichte zuständig. Im Einzelfall hat dann auch das staatliche Arbeitsgericht die richtige Anwendung kirchlichen Rechts zu prüfen.

Im Bereich der kirchlichen Einrichtungen gilt jedoch nicht das staatliche Recht der betrieblichen Mitbestimmung (Mitbestimmungs-, Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht). Die Kirchen haben stattdessen ein eigenes Mitarbeitervertretungsrecht geschaffen. Dieses (eigenständige) Recht der Kirchen fußt auf ihrem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht. Die beiden großen Kirche haben eigene Mitarbeitervertretungsgesetze geschaffen (Mitarbeitervertretungsgesetze der EKD, MVG.EKD, und die Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, MAVO). Gegliedert ist die Mitbestimmung in eingeschränkte und uneingeschränkte Mitbestimmungsrechte und in bloße Mitberatungsrechte.